Frage der Woche - Archiv
Welcher Katheder bei Blasenstörungen?
Vor ein paar Jahren wäre die Antwort noch unumstritten gewesen: Solange man es noch kann, ist Selbstkatheterisieren die beste Lösung. Wenn das nicht mehr geht, kommt die Anlage eines sog. suprapubischen Katheters in Frage (Katheter durch die Bauchdecke). Ein transurethraler Katheter (Katheter durch die Harnröhre) wurde von der Mehrzahl der Neuro-Urologen wegen der erhöhten Gefahr von aufsteigenden Harnwegsinfektionen abgelehnt. In letzter Zeit hört man jedoch häufiger, dass die Infektionsgefahr beim suprapubischen und transurethralen Katheter in etwa gleich ist. Darum wird jetzt wieder häufiger der letztere gelegt, weil der Eingriff geringer ist. Die in Deutschland sehr angesehene neurourologische Abteilung von Prof. Sauerwein zieht aber immer noch den suprapubischen Katheter vor, wie mir OA Dr. Kutzenberger mitteilte.
Eine andere Frage ist, ob der Urin mit L-Methionin angesäuert werden sollte. Mittel, die den Harn ansäuern, wurden früher häufig in der Hoffnung verordnet, dass sie der Vermehrung von Bakterien entgegenwirken. Das ist jedoch nie in Studien nachgewiesen worden. Ihr Einsatz ist nur sinnvoll, um bestimmte Arten von Nierensteinen aufzulösen. Auch bei Dauerkatheter-Trägern ist eine prophylaktische Wirksamkeit meines Wissens nach nicht erwiesen. Die Dosierung sollte höchstens 3mal 1 Tabl. betragen. Nebenwirkungen sind Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Müdigkeit, Azidose. Eine gute pflanzliche Alternative ist nach Dr. Kutzenberger: Eine Woche lang je ein kleines Glas Cranberry-Saft morgens und abends, dann eine Woche lang morgens und abends eine Tasse Bärentraubenbättertee. Cranberry ist mit der Preiselbeere verwandt und findet seit Jahrhunderten als entzündungshemmendes Mittel, besonders bei Blasen- und Niereninfektionen, Anwendung. Es soll die Anheftung von Coli-Bakterien an die Blasenschleimhaut verhindern. Eine dritte Möglichkeit ist 1 gestrichener Teelöffel Vitamin C morgens und abends.
Ein weiteres Problem ist noch die Frage, wann ein Blaseninfekt behandelt werden sollte. Das spielt besonders bei Klinikaufenthalten eine Rolle, weil dort routinemäßig der Urin untersucht wird und oft pathologische Werte gefunden werden, obwohl der oder die Betreffende beschwerdefrei ist. Hier wird nach meiner Einschätzung viel zu häufig antibiotisch behandelt. Nach Herrn Kutzenberger ist es sinnvoll, Patienten ohne und mit Dauerkatheter zu unterscheiden. Wenn sie keinen Dauerkatheter benötigen, sollte man bei Fehlen von Beschwerden erst dann behandeln, wenn die Keimzahl mehr als 100.000 beträgt und eine Leukozyturie von mehr als 100 Leukozyten/mm3. Bei katheterversorgten Patienten ist ein harmloser asymptomatischer Infekt geradezu normal. Hier sollte eine Behandlung erst ab 250 Leukozyten/mm3 erwogen werden.