Frage der Woche - Archiv
MS und Übergewicht – Darf mein Arzt mich unter Druck setzen?
Wenn das Übergewicht so erheblich ist, wie bei einem meiner Patienten (stolze 127 kg bei einer Körpergröße von 176 cm), dann muss man etwas tun. Ich bin zufällig auch 176 cm groß und wiege 67 kg. Der Mann wiegt also 60 kg mehr als ich. Das entspricht vier vollen Kästen Bier! Die Vorstellung, einen Kasten Bier an einem Tragegurt vor dem Bauch, einen Kasten auf dem Rücken und zusätzlich zwei auf den Schultern tragen zu müssen, ist für mich ein Albtraum. Ich fürchte, ich käme damit keine Treppe hoch.
Noch belastender ist das Übergewicht natürlich für einen kranken Menschen, vor allem für MS-Betroffene. Ganz abgesehen von allen Nebenfolgen (Zuckerkrankheit, Bluthochdruck, erhöhte Rate von Herzinfarkten und Schlaganfällen) muss das Übergewicht konsequent abgebaut werden. Nicht zuletzt auch deshalb, weil die Pflege eines übergewichtigen Menschen zu enormen Problemen führen kann.
Aber ein Normalgewichtiger wie ich, der sich normal bewegen kann, hat leicht reden. Die Gewichtsabnahme ist sicher sehr schwer. Trotzdem wäre es eine falsch verstandene Menschlichkeit, wenn ein Arzt sagen würde: "Die Arme hat doch keine andere Freude mehr am Leben." Erstens stimmt das nicht, und zweitens gerät man in einen Teufelskreis: Wegen der MS-bedingt eingeschränkten Bewegungsmöglichkeiten nimmt man zu, damit nimmt die Beweglichkeit weiter ab, um sich zu trösten, isst man mehr, als einem gut tut, das Gewicht steigt usw. usw...
Viele Ärzte halten eine in Eigenregie erfolgte Gewichtsabnahme für einen guten Test, ob eine Reha-Behandlung (z.B. in einer Stoffwechsel- oder einer psychosomatischen Klinik) erfolgversprechend ist oder nicht. Darum kann ich Ihren Hausarzt verstehen und bin überzeugt, dass er es gut mit Ihnen meint.