Frage der Woche - Archiv
Warum bin ich immer so vergesslich?
Einige MS-ßetroffene haben das Gefühl, dass sie geistig langsam abbauen. Sie klagen darüber, dass sie sich viele Dinge nicht mehr merken können und haben manchmal auch Verständnisprobleme. Wenn sie ein Buch lesen, wissen sie am Ende eines Kapitels nicht mehr, wie es angefangen hat. Fast alle MS-Betroffene leiden unter dem Fatigue- oder Müdigkeitssyndrom. Streng davon zu unterscheiden ist eine Hirnleistungsschwäche. Obwohl man nicht gern darüber spricht, kommt diese bei MS-Patienten gelegentlich vor. In seltenen Fällen kann sie sehr ausgeprägt sein und einer Demenz täuschend ähnlich sehen.
Ist die Hirnatrophie die Ursache der Hirnleistungsschwäche?
Die leichte Erschöpfbarkeit der MS-Kranken ist von einer Hirnleistungsschwäche zu unterscheiden. Obwohl man nicht gern darüber spricht, kommt diese bei MS-Patienten gelegentlich vor. In seltenen Fällen kann sie sehr ausgeprägt sein und einer Demenz täuschend ähnlich sehen.
Man hat lange versucht, die geistig-seelischen Beeinträchtigungen bei MS-Kranken mit der Zahl der MS-Herde und mit dem Grad der äußeren und inneren Atrophie des Gehirns zu korrelieren. Ein eindeutiger Zusammenhang war jedoch nie gefunden worden. Dann zeigte sich jedoch, dass bei einigen Patienten der Hirnbalken, das Corpus callosum, auffällig verschmälert ist.
Noch bis vor kurzem ist dem Hirnbalken wenig Beachtung geschenkt worden. Man wusste, dass die rechte Hirnhälfte für die linke Körperseite und die linke Hirnhälfte für die rechte Körperseite zuständig ist. Im übrigen nahm man an, dass sich beide Hirnhälften in ihrer Funktion nicht wesentlich voneinander unterscheiden, und der in der Mitte liegende bananenförmige Hirnbalken schien keine weitere Aufgabe zu haben, als die rechte und die linke Hirnhälfte zusammenzuhalten.
Wir haben zwei Gehirne in unserem Kopf
Erst durch eine raffinierte Untersuchungstechnik erkannte man, dass der Hirnbalken eine mächtige Verbindung zwischen den beiden Hirnhälften darstellt und aus 200 Millionen Nervenfasern besteht, von denen 100 Millionen von links nach rechts und 100 Millionen in umgekehrter Richtung verlaufen. Daneben ergab sich die interessante Tatsache, dass beide Hirnhälften spezialisiert sind, und dass wir nicht ein Hirn, sondern zwei Hirne haben, wobei das rechte Gehirn das intuitive, künstlerische und das linke das berechnende, logische Gehirn ist.
Damit beide Gehirne sich ergänzen können und es nicht zum Widerstreit von zwei verschiedenen „Seelen" in unserer Schädelkapsel kommt, ist es von ausschlaggebender Bedeutung, dass beide Gehirne ständig miteinander kommunizieren; und genau das tun sie über den Hirnbalken. Bei der Ausmessung des Hirnbalkens konnte zum ersten Mal eine verlässliche Beziehung zwischen der Verschmälerung dieser Struktur und der Hirnleistungsschwäche nachgewiesen werden: Je dünner der Hirnbalken, desto größer sind die Probleme mit Konzentration und Gedächtnis. Die Abbildung zeigt links (a) einen normalen und rechts (b) einen hochgradig verschmälerten Hirnbalken.
Was kann man gegen die Gedächtnisstörungen tun?
Am häufigsten wird Gingko gegen Konzentrations und Gedächtnisstörungen eingesetzt. Gingko gehört zu den Antioxydantien. Auch soll er die Blutplättchen (Thrombozyten) daran hindern zu verklumpen. Auf das Immunsystem soll er einen dämpfenden Einfluss haben. Im Tiermodell der MS senkte Gingko die Entzündungsaktivität. Studien beim Menschen kamen zu widersprüchlichen Ergebnissen. Die übliche Dosierung ist z.B. Rökan® 3mal 20 Tr. täglich, oder Tebonin® spezial 80 mg l bis 2 Filmtabletten pro Tag.
Die Einnahme von Vitaminen wird von Neurologen gemeinhin belächelt. Englische Wissenschaftler fanden aber heraus, dass eine direkte Beziehung zwischen niedrigen Spiegeln von Folsäure und Vitamin BI2 und dem Auftreten derAlzheimerschen Krankheit besteht. Dabei handelt es sich um eine degenerative Erkrankung des Gehirns, welche das Gedächtnis und andere geistige Fähigkeiten zerstört.
Die Einnahme von Vitaminen wird von Neurologen gemeinhin belächelt. Englische Wissenschaftler fanden aber heraus, dass eine direkte Beziehung zwischen niedrigen Spiegeln von Folsäure und Vitamin BI2 und dem Auftreten derAlzheimerschen Krankheit besteht. Dabei handelt es sich um eine degenerative Erkrankung des Gehirns, welche das Gedächtnis und andere geistige Fähigkeiten zerstört.
Das Oxfort Project to investigate Memory and Ageing (OPTIMA) wurde 1988 gestartet und untersuchte über 10 Jahre die Blutproben von Hunderten von Patienten. Es zeigte sich, dass Personen mit einem erniedrigten Folsäure- und B12-Spiegel viermal häufiger an einem Morbus Alzheimer erkrankten.Gleichzeitig war die Konzentration der Aminosäure Homocystein erhöht. Beide Vitamine, Folsäure und Vitamin BI2 sind erforderlich,um Homocystein abzubauen. Die Ergebnisse wurden 1998 in den Archives of Neurology veröffentlicht und führten immerhin dazu, dass seitdem in den USA den Grundnahrungsmitteln wie Brot Folsäure zugefügt wird.
Insofern könnte die regelmäßige Einnahme von B-Vitaminen (z.B.Vitamin B-Komplex forte Lichtenstein N 2-3mal l Drg täglich) vorbeugend sinnvoll sein, auch wenn die MS und dieAlzheimersche Krankheit nichts miteinander zu tun haben.
Brain-Jogging und MS?
Politiker wie Konrad Adenauer oder Schauspieler wie Johannes Heesters sind bis ins hohe Alter geistig lebendig geblieben. Hat das etwas damit zu tun, dass sie ihr Gehirn immer trainiert haben? Oder ist es eher umgekehrt, dass das Gehirn sich durch zu starke Beanspruchung abnutzt wie bei Immanuel Kant oder vermutlich auch bei Albert Einstein? Man weiß es nicht. Allgemein akzeptiert ist jedoch dies: Bei älteren Menschen, denen man regelmäßig Rätsel und Konzentrationsaufgaben stellt, z.B. das Lösen von Kreuzworträtseln und das Zusammensetzen von Puzzlespielen, zeigt sich eine über Monate anhaltende Verbesserung der Hirnleistung. Noch wirksamer sind regelmäßige körperliche Aktivität, zwischenmenschliche Beziehungen und ein selbstbestimmtes Leben.
Alles spricht dafür, dass es gut ist, sein Gehirn täglich zu trainieren. Noch wichtiger scheint mir jedoch noch etwas anderes zu sein: Wenn Menschen bis ins hohe Alter geistig lebendig bleiben, dann liegt es zu einem großen Teil daran, dass sie Freude am Leben haben zusammen mit dem Gefühl,gebraucht zu werden. Nur das sinnvolle Tun hält unser Gehirn gesund: Ein Großvater, der seine Enkelkinder um sich herum hat, bleibt sicher geistig länger lebendig als jemand, der sich nur mit Kreuzworträtseln beschäftigt.