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MS-Forum Dr. Weihe

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Frage der Woche - Archiv


Kann mich die Krankenkasse zur Therapie mit Cortison und Betainterferonen zwingen?

Ich erinnere mich, dass Anfang 2005 ein Gutachter den Rentenantrag einer meiner Patientinnen abwies, weil sie sich bisher geweigert habe, sich einer Basistherapie mit Betainterferonen zu unterziehen. Ich hielt das für einen Ausrutscher, stellte dem Sozialgericht gegenüber die verwirrende Datenlage und die umstrittene Einschätzung der Wirksamkeit der Medikamentengruppe dar, und die Rente wurde bewilligt.

Ein anderes Mal rief mich der Leiter einer MS-Selbsthilfegruppe an und bat um Rat: Der ärztliche Berater eines Rentenversicherungsträgers hatte eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme abgelehnt, weil er sich bisher nicht habe mit Betainterferonen behandeln lassen; also Betainterferone vor Reha!

Es sieht so aus, als habe sich nicht nur in Laienkreisen, sondern auch unter Ärzten die Meinung durchgesetzt, es gäbe so etwas wie einen Goldstandard in der MS-Therapie und jeder, der sich diesem nicht beuge, handele sich selbst und der Gesellschaft gegenüber unverantwortlich. Vorgesetzte und Mitarbeiter werfen ihm vermeidbare Fehlzeiten am Arbeitsplatz vor, Ehepartner eine selbstverschuldete Zunahme der Behinderung, die durch eine rechtzeitige Behandlung zumindest hätte gebremst werden können, und sogar Krankenkassen sind überzeugt, dass die Behandlung, obwohl sie 15.000 € pro Patient und Jahr kostet, auf lange Sicht zu einer Kosteneinsparung führe.

Offensichtlich haben wir es also mit romantischen Naturheilaposteln, verbohrten Gegnern der Schulmedizin oder mit von homöopathisch angehauchten Ärzten irregeleiteten Menschen zu tun, so dass sich Gutachter, medizinische Sachverständige, Krankenkassen, aber auch MS-Selbsthilfeorganisationen versucht fühlen, sie zu ihrem Glück und einer angemessenen Therapie zu zwingen.

Im allgemeinen kommt man mit einem Widerspruch durch. Dabei empfiehlt es sich, auf Artikel zu verweisen, die der immunmodulatorischen Therapie kritisch gegenüberstehen und in angesehenen Fachzeitschriften erschienen sind. Leider gibt es bisher nur wenige Neurologen, die sich trauen, eine Gegenposition zum Ärztlichen Beirat der DMSG einzunehmen.

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