Frage der Woche - Archiv
Ist die Sehnervenentzündung immer ein MS-Symptom?
Ob es eine isolierte Sehnervenentzündung gibt, gehört zu den klassi-schen Streitfragen der Neurologie. Aus Langzeitbeobachtungen weiß man, dass sich bei 45 bis 80% aller Patienten mit einer Sehnervenent-zündung innerhalb von 15 Jahren eine klinisch sichere MS entwickelt
Die Zahlen gehen also weit auseinander. Unstrittig ist jedoch, dass es Sehnervenentzündungen gibt, die anscheinend nie in eine MS mün-den. Die einen sagen: Das beweist die Existenz einer Sehnervenent-zündung unabhängig von der MS. Die anderen halten dagegen: Auch wenn keine weiteren Symptome auftreten, handelt es sich dennoch um eine MS, und zwar eine, die monosymptomatisch verläuft, das heißt, nach einem Schub zum Stillstand kommt.
In der ungeklärten Situation scheint es mir vernünftig zu sein, die Entscheidung vom Ergebnis der Kernspintomographie des Gehirns abhängig zu machen. Falls dort keine MS-verdächtigen weißen Flecke nachweisbar sind, ist es vertretbar, von einer isolierten, vermutlich harmlosen Sehnervenentzündung zu sprechen, findet sich jedoch ein Befund, der auf das Vorliegen einer MS hinweist, muss dies mit dem Patienten bzw. der Patientin ausführlich besprochen werden.