Startseite      Impressum

MS-Forum Dr. Weihe

Zurück zur Übersicht | Kontakt

Frage der Woche - Archiv


Die Behandlung zwischen den Schüben - muss ich mich spritzen? (Teil 4)

Betainterferone aus Sicht der evidenzbasierten Medizin

Eine große Hilfe in der verwirrenden und widersprüchlichen, vor allem aber von der Pharmaindustrie beeinflussten Literatur über die MS-Therapie sind die Reviews, die in unregelmäßigen Abständen im New England Journal of Medicine erscheinen. Zu den Betainterferonen schrieb der angesehene MS-Experte John Noseworthy: „Alle Betainterferone sind teuer und haben vielfache Nebenwirkungen. Ihre Langzeitwirkung ist nicht bewiesen und neue Studien beschäftigen sich kritisch mit der Kosten-Nutzen-Relation dieser Substanzen. Daten zur Langzeitwirkung und Sicherheit der Medikamente fehlen. Die Begeisterung für diese Behandlungsarten, egal ob sie gleich nach Diagnosestellung oder im weiteren Verlauf eingeleitet wurden, wird gedämpft durch die enttäuschende Realität, dass die meisten Patienten trotz der Behandlung weiter Schübe haben und schließlich doch zunehmend behindert werden.“1

Auch die Cochrane Collaboration kam 2004 nach einer Metaanalyse aller vorliegenden Betainterferon-Studien zu dem Schluss: „Die Wirksamkeit der Betainterferone auf Schübe und Krankheitsprogression bei Patienten mit schubförmig verlaufender MS war nach ein und zwei Behandlungsjahren mäßig. Eine längere Beobachtungsdauer und eine einheitlichere Darstellung der klinischen und kernspintomographischen Befunde hätten vielleicht eine überzeugendere Schlussfolgerung erlaubt."2

Weitgehende Übereinstimmung besteht darüber, dass Betainterferone beim primär progredienten Verlauf nicht wirksam sind, auch ist ihre Wirksamkeit nach dem Übergang in das sekundär progrediente Stadium mehr als zweifelhaft.

Fazit

Ein Einsatz von immunmodulierenden Medikamenten ist erst dann zu erwägen, wenn sich Hinweise auf eine aggressivere Verlaufsform finden. Je mehr Zeit sich ein Arzt für Beratung und Aufklärung nimmt, je genauer er die Schübe analysiert („echter" Schub oder Reaktivierung?), je mehr Mühe er sich gibt, die Krankengeschichte der MS aus der Lebensgeschichte zu interpretieren (Ist ein Schub unter belastenden Lebensumständen oder aus heiterem Himmel aufgetreten?) und je besser seine Kenntnisse in der Kernspintomographie sind (z.B. Unterscheidung von „weißen Flecken" und „schwarzen Löchern"), desto seltener wird er eine Basistherapie für notwendig halten.

Zurück zur Übersicht | Kontakt